Indien: Eine Busfahrt, die ist lustig...


Vor dem Hotel Krishna sollte uns der Bus nach Hampi abholen. Laut Ticket war um 9:00 pm "Reporting Time" - bei wem wir vorsprechen sollten war uns dabei nicht ganz klar. Die Abfahrt war um 9:30 Uhr angesetzt. Da ein Hotel nicht direkt auszumachen war und diverse große Luxusbusse einfach an uns vorbei fuhren, fragten wir in zwei kleinen Verkaufsständen, ob wir hier richtig seien. Joa. Nungut. Die Uhr zeigte 9:30... 9:40... 9:50. Um 9:55 Uhr kam endlich ein Bus mit der Aufschrift Paulo Travel. Doch brauste dieser einfach an uns vorbei, während der Busmann uns, aus dem Fenster lehnend und wild mit den Händen fuchtelnd, in zwei Sekunden zu verstehen gab, dass der richtige Bus auf dem Weg sei! Jippie! Um ca. 10:00 Uhr kam dann ein Motorradfahrer, um uns mitzuteilen, dass der Bus vor dem Busbahnhof stünde und wir die 500m dorthin laufen sollten... Nun stell dir das mal vor: Du stehst des Nachts allein auf einem dunklen Platz in einer indischen Kleinstadt und da kommt ein indischer Mann und sagt du sollst aus irgendwelchen Gründen irgendwo hingehen, wo es noch dunkler ist! Stell dir vor, nach 200m braust der Bus an dir vorbei.. Nunja. Wir waren zu Dritt und der Bus stand tatsächlich dort.. Laut der Buscrew hatte er ein kleines mechanisches Problem. Wir sollten etwas Essen, da dies der letzte Stopp sei und auf die Frage, wo die Toilette sei, antwortete der Busfahrer Shantaram: "Toilet is everywhere!" Nur auf der Bahnhofstoilette war sie heute Abend anscheinend nicht. 

Wer liegt denn da in unserem Bett?

Nachdem wir unsere großen Rucksäcke unten im Bus verstaut hatten und unser Ticket abgerissen war, gingen wir ersteinmal hinein, um unsere Plätze in Augenschein zu nehmen. Im Bus herrschte eine unbeschreiblich heiße und stickige Luft. Hinter Vorhängen schliefen Menschen oben und unten entlang eines schmalen Ganges, durch den ich mit meinem Tagesrucksack gerade so hindurchpasste. Auf der Suche nach zwei freien Liegen mit den Nummern 19 und 20, befanden wir uns auf einmal ganz hinten im Bus, bei der Nummer 23 und 24. Eine Koje zurück, unten, fanden wir unsere Betten, beide besetzt von einem fettleibigen, schwitzenden Russen. Als wir gerade dabei waren ihm zu erklären, dass er in unserem Bett liege, kam ein anderer dicker, halbnackter Russe aus seinem Bett von vorn auf uns zu, um sich mit russischem Gezeter an uns vorbei zu drängeln. Auf einen schwitzignassen Oberkörper hatte ich gar keine Lust und hoffte ihn durch ein paar Worte zur Umkehr zu bewegen. Er brubbelte irgendetwas in russisch und bahnte sich ohne Rücksicht seinen Weg nach hinten. Ich weiß nicht, wie er an Norman vorbeigekommen ist, aber ich bewegte mich einfach weiter rückwärts bis zum Ende des Busses, bis er tatsächlich umkehrte. Von Nummer 19 und 20 hörte ich Normans Stimme: "Hey.....Hey you are sleeping in our bed" Schläfrig antwortete der zerknautschte dicke Russe "But my frrrriend told me to take it" "But it is our bed" ... russisches Getose aus den benachbarten Kojen... Als der Dicke es endlich aus dem Bett geschafft hatte, kam blitzschnell aus der oberen Koje zum Kopf des Dicken geschnellt und hielt ihn an den Haaren fest... um ihn anschließend beinah zärtlich in den selbigen zu tätscheln. Neben dem Dicken stand nun plötzlich auch noch ein seeeehr psycho dreinblickender russischer Freund, der den Weg zum Ausgang versperrte. Ich rief nach Norman und versuchte über ein anderes Bett an ihnen vorbei zu klettern. Doch der Psycho stellte sich abermals in den Weg und starte mich mit einem unglaublich ekelhaften, lüsterhaften Blick an, ohne sich auch nur einen Zentimeter weg zu bewegen. Ich rief nach Norman, der mich von vorn mit einem: "What's your problem? Let her out!!!" rettete. Völlig gestresst und agro kam ich letztlich aus dem Bus heraus und wäre am liebsten nie mehr eingestiegen!!!!!

Können wir nicht einfach hier bleiben?


Draußen erfuhren wir von einem Österreicher, der schon einige Stunden unterwegs war, dass der Bus nahezu komplett mit Russen besetzt war und es zwischen ihnen bereits eine blutige Schlägerei gegeben habe. Sieben Jungs seien völlig zugedröhnt und zwei ältere Pärchen wollten so nicht weiter fahren. Die Polizei sei auch schon da gewesen, doch da die "7" sich jetzt ganz ruhig verhielten konnten sie nichts machen. Herzlichen Glückwunsch! Wir lagen mitten drin in dem Haufen der sieben Unruhestifter! Aber es hätte schlimmer sein können! Stell dir mal vor, du hättest dir ein Meter Schlaffläche mit einem 1,2m breiten schwitzenden Russen teilen müssen!!!! So saßen wir draußen, warteten auf den Mechaniker und hofften auf einen stillen Austausch des Busses. Wir könnten doch die "7" einfach in dem kaputten Bus ausschlafen lassen und schon mal vorfahren... Als es nicht danach aussah überlegten wir, ob es sinnvoller wäre, einfach zurück in unsere Kaama-Kethna-HelpX-Deluxe-Hütte zu gehen! Ach, wie verlockend! Warum hat uns dieser Mopedfahrer nur bescheid gegeben? Kann man das Ticket aufgrund der Umstände nicht doch noch umtauschen? Wie lange müssen wir denn noch warten??? Nach insgesamt fast drei Stunden Verspätung ging es endlich los! Wir warteten bis alle eingestiegen waren und fragten nach anderen freien Plätzen. Nix da! Ausgebucht! Und unsere Matratze war komplett nass!!! Wir hockten vor dem Sitz und versuchten den indischen Aufpasser darauf aufmerksam zu machen. Doch immer wieder sagte er in einem immer strenger werdenden Tonfall. "Go inside! GO INSIDE!" "But it is completely wet." "GO! GO INSIDE!" ....'Okay, ist ja gut!!! Wenn wir unsere Beine nicht ausstrecken und ganz weit mittig liegen... Da geht das vielleicht ...und außerdem ist es eh tierisch heiß...' .. Ich wollte mich gerade ins Bett begeben, als der Mann plötzlich meinte: "No! Not you!" Plötzlich packte er die russischen Jungs schräg über uns und holte sie mit einem mehrmaligen "Sit down, now!!!" nach unten!!! Allein mit Feinripphöschen bestückt krabbelten sie ohne Murren in Nummer 19 und 20! Und so kam es, dass wir ein Upgrade in die AC-Klasse erhielten, wenn die Angst vor einem nächtlichen Fausthieb auch ständig präsent war


"New bus coming. Go to sleep"

Nach 1,5 Stunden Fahrt stand der Bus auf einmal wieder still. Es klapperte draußen, indische Stimmen murrten und die Luft wurde jede Sekunde stickiger! "No Problem. Go to sleep. New bus coming. Go to sleep!" Schlafen! Der hat gut reden! Wir saßen also draußen auf dreckigen Bordsteinen und warteten. Die Straßen gehörten den Hunden. Überall schliefen sie in Rudeln, was die Suche nach einer geeigneten Toilette mitten in der Stadt noch zusätzlich erschwerte. Mein Bauch fühlte sich gar nicht gut an. Es war heiß, hunderte Moskitos freuten sich über unseren späten Besuch und wir hatten noch einen weiten, weiten Weg vor uns. Die Nicht-Russen im Bus fanden sich schließlich schnell zusammen: eine meckernde wild umher fuchtelnde Italienerin ("Mama Mia") ein entspanntes holländisches Hippiemädel, das überlegte, sich abholen zu lassen und ein Österreicher, der mich mit ein paar guten Schlücken Highland Park rettete. Schlaftrunken torkelte ich umher und fand endlich eine dunkle Ecke, um mich ein wenig zu erleichtern. Gegen Fünf Uhr morgens kam dann der neue klimatisierte Reisebus!


Wir schnappten uns wieder eine obere Liege und schliefen alsbald ein, während Indien an uns vorbei rauschte. Wannimmer ich morgens aus dem Fenster blickte sah ich eine trockene, steppenartige Landschaft. Auf staubige Ortschaften trafen wir nur ganz vereinzelt. Aber an all diesen fuhr der Bus einfach vorüber. "Two Hours Hampi, than toilet" war die Aussage des Busfahrers als Norman vorn nach einem Toilettenstopp fragte. Herrlich. Aufgrund steigenden Drucks durch mehr und mehr Fahrgäste, ließ sich der Fahrer erweichen und hielt doch an einer Toilette, mitten im Nichts an einem geschlossenen Restaurant neben einem Enercon-Windpark. Wir legten uns wieder hin und ich genoss es durch die Landstriche transportiert zu werden. Die Bilder und Eindrücke rauschten nur so vorüber! Und nach weiteren zwei Stunden sahen wir die ersten beeindruckenden Felsformationen und Tempelruinen. Mit "Hampi! Hampi"- Rufen erreichten wir dann unseren Zielort. 

Jippie! Geschafft! 


Das war spitze, denn eigentlich war Hospet das Ziel des Busses und wir hätten weitere 45 min mit einem Linienbus fahren müssen. Vor dem Bus drängelten sich ca. 50 Rigshawfahrer, sodass es nur schwer möglich war, den Bus überhaupt zu verlassen. Sie wedelten mit Karten umher und wollten uns an irgendwelche Hostels vermitteln! Zum Glück hatten wir mit der Holländerin eine ortskundige Person gefunden, die uns den nur 5 min dauernden Fußweg zur Fähre zeigte.

Fotografische Einblicke von Hampi gibt es hier.

 


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